🔮 Der Zorn-Zähmer

Warum dieses Jahr vielleicht besonders besonders ist

Sei gesegnet, du Kind Gottes. Dass der Herr dieses Jahr gemacht hat, weißt du natĂŒrlich. Aber wußtest du auch, dass Er es ganz besonders gemacht hat? Ganz, ganz besonders? Auch mathematisch?

2025 ist z.B. ein Quadratjahr: 45×45=2025. Das ist selten. Das letzte Quadratjahr war 1936 (44×44), das nĂ€chste wird erst 2116 (46×46) sein.

Es gibt noch ein paar andere mathematische AuffĂ€lligkeiten, aber damit will ich dich nicht langweilen. Viel wichtiger ist natĂŒrlich die Jahreslosung: “PrĂŒft alles, und behaltet das Gute.” Und in diesem Sinne kannst du bis auf die Anrede alles vergessen, was ich bisher geschrieben habe 😉

Heute:

  • Geschichte - Der Zorn-ZĂ€hmer

Geschichte

Der Zorn-ZĂ€hmer

"ICH HASSE HAUSAUFGABEN!"

Der Schrei lĂ€sst die Fensterscheiben klirren. KNALL! Die ZimmertĂŒr fĂ€llt ins Schloss, dass der Putz von der Decke rieselt. Unten im Wohnzimmer verdreht Lisa genervt die Augen, wĂ€hrend ihre Mutter mechanisch - wie schon so oft - das zerknĂŒllte Matheheft vom Boden aufhebt. Ein zerrissenes Arbeitsblatt segelt langsam zu Boden.

Es ist bereits der dritte Wutausbruch diese Woche, und es ist erst Mittwoch.

Der neunjĂ€hrige Tim hat ein Problem mit seinem Temperament. Seine GefĂŒhlsausbrĂŒche sind wie GewitterstĂŒrme - sie kommen plötzlich, sind laut und hinterlassen oft Chaos. Ob beim FrĂŒhstĂŒck, wenn seine Schwester den letzten Löffel Nutella nimmt, oder in der Schule, wenn sein Bleistift abbricht - Tim explodiert einfach.

Eines Tages, es ist Herbst und Tims Vater sitzt am KĂŒchenfenster und beobachtet, wie goldene BlĂ€tter von der alten Eiche im Garten zu Boden segeln, da hört er einen wĂŒtenden Schrei aus dem Zimmer seines Sohnes. Er will gerade genervt nach oben gehen, als ihm eine Idee kommt.

Kurz wartet er noch, dann steht er mit einer alten Holzkiste unter dem Arm vor Tims TĂŒr und klopft.

"Hey, Sportsfreund", sagt er sanft und setzt sich auf Tims Bettkante. "Ich hab etwas fĂŒr dich." Er öffnet die Kiste und zeigt Tim ihren Inhalt: einen Hammer und eine Handvoll rostfreier NĂ€gel.

Tim schaut verwirrt auf. "Was soll ich damit?"

Sein Vater lĂ€chelt warm. "Ab heute machst du Folgendes: Jedes Mal, wenn du wĂŒtend wirst oder dich Ă€rgerst, gehst du zu unserem alten Holzzaun hinter der Eiche und schlĂ€gst einen Nagel hinein."

"Aber warum?" Tim dreht einen der NĂ€gel zwischen seinen Fingern.

"Versuch es einfach", zwinkert sein Vater. “Es hilft.”

In der ersten Woche hĂ€mmert Tim wie besessen. Siebenunddreißig NĂ€gel ragen aus den verwitterten Holzlatten - stumme Zeugen seiner WutanfĂ€lle.

Seine HĂ€nde schmerzen schon vom vielen HĂ€mmern, und langsam beginnt er nachzudenken, bevor er explodiert.

Die zweite Woche bringt einundzwanzig neue NĂ€gel. Tim entdeckt, dass es weniger anstrengend ist, dreimal tief durchzuatmen, als den weiten Weg zum Zaun zu laufen und einen Nagel einzuschlagen.

Die Wochen vergehen, und die Zahl der NĂ€gel nimmt stetig ab. An einem verschneiten Dezemberabend steht Tim strahlend in der KĂŒche. "Papa, diese Woche habe ich keinen einzigen Nagel gebraucht!"

Sein Vater umarmt ihn fest, und zum ersten Mal seit langem lachen sie unbeschwert miteinander.

"Ich bin stolz auf dich, mein Junge", sagt er. “Komm mal mit.”

In der Werkstatt geht er zu einer Schublade und holt eine Kneifzange heraus. "Jetzt kommt Teil zwei: FĂŒr jeden Tag, an dem du dich beherrschen kannst, darfst du einen Nagel wieder herausziehen."

Die Wintermonate vergehen. Nicht an jedem, doch immerhin so manchem Tag zieht Tim einen Nagel. Manchmal knarzt das Holz dabei, als wĂŒrde es seufzen. Der Winter hĂŒllt den Zaun in Schnee, dann taut er wieder weg, und zwischen den Brettern sprießen die ersten Krokusse. Eines Tages im frĂŒhen FrĂŒhling kommt Tim mit der Kneifzange in der einen und einer Schachtel voller krummer NĂ€gel in der anderen Hand zu seinem Vater. Seine Augen leuchten: "Geschafft! Alle NĂ€gel sind raus!"

Hand in Hand gehen sie in den Garten, wo die MĂ€rzsonne den alten Holzzaun bescheint. Vater und Sohn stehen schweigend vor dem Zaun.

"Siehst du die Löcher?", fragt der Vater leise und fĂ€hrt mit den Fingern ĂŒber das vernarbte Holz.

Tim nickt.

"Dieser Zaun wird nie mehr derselbe sein", erklÀrt sein Vater. "Wo du einen Nagel eingeschlagen hast, das ist ein Loch. Und mit dem Zorn ist es wie mit den NÀgeln - auch er hinterlÀsst Spuren. Wenn wir im Zorn handeln oder sprechen, können wir uns spÀter entschuldigen, aber die Narben bleiben trotzdem. Die verschwinden nicht."

Tim starrt auf die vielen kleinen Löcher im Holz. Jedes einzelne ist eine Erinnerung an einen Moment, in dem er die Kontrolle verloren hatte. Seine Finger streichen ĂŒber die rauen Stellen, seine Unterlippe beginnt zu zittern.

"Es tut mir leid, Papa", flĂŒstert er mit erstickter Stimme. TrĂ€nen steigen ihm in die Augen. "Kannst du mir fĂŒr all die Löcher verzeihen, die ich in dich gestochen habe?"

Sein Vater kniet sich zu ihm und sieht ihm in die Augen. "NatĂŒrlich kann ich das. Du bist mein Sohn, und ich liebe dich. Außerdem waren das nur ganz kleine Löcher.” LĂ€chelnd gibt er seinem Sohn einen Stups. “Aber verstehst du jetzt, wie mĂ€chtig Worte und Taten sein können?"

Tim nickt ernst. Eine einzelne TrĂ€ne rollt ĂŒber seine Wange.

"SpĂ€ter, wenn du grĂ¶ĂŸer bist", fĂ€hrt sein Vater fort und wischt sanft die TrĂ€ne weg, "könntest du viel tiefere Wunden schlagen, wenn du deinem Zorn freien Lauf lĂ€sst. Auch dann wird es Menschen geben, die dir verzeihen, aber manche Narben werden nie ganz heilen."

Tim schmiegt sich an seinen Vater und beobachtet einen Moment lang, wie ein flinkes Insekt in einem der Löcher verschwindet. Er versteht jetzt, dass es niemals StÀrke ist, seiner Wut nachzugeben.

"Komm", sagt sein Vater schließlich lĂ€chelnd, "Mama hat Pfannkuchen gemacht."

Hand in Hand gehen sie ins Haus.

ZurĂŒck bleibt ein alter Zaun mit seiner zeitlosen Lektion ĂŒber ĂŒber Zorn, Vergebung und die bleibenden Spuren unserer Worte.

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Jörg “(1+2+3+4+5+6+7+8+9)2 = 2025“ Peters