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đź”´ Spiel des Lebens - das Finale
Und mit einem Ende, das mir fast schon unheimlich vorkommt
Geschichte
Ah, Sie sind wieder da!
Ich nehme an, Sie wollen wissen, wie meine "Erfolgsgeschichten" enden?
(böses Lachen)
Na, dann kommen Sie mal ran. Heute verrate ich Ihnen ein letztes, köstliches Geheimnis...
Die TĂĽr war immer offen
KLINK
(Das Geräusch hallt nach. Anders als sonst. Dunkler. Tiefer.)
Wissen Sie, was das Köstlichste an der ganzen Sache ist?
Die TĂĽr war nie verschlossen.
Nie.
Thomas hätte jederzeit aufstehen können.
Einfach aufstehen und gehen. Ohne zurückzublicken oder sich umzudrehen. Zurück zu seiner Martha. Zurück zu seiner Gemeinde. Zurück zu... (leises, böses Lachen) nun ja, Sie wissen schon zu wem. Ich weiß, dass sie auf ihn gewartet haben, sie warten immer…
Christine?
Die Tür ihrer gläsernen Zelle stand sperrangelweit offen. Ein Leben lang. Ein Schritt hätte genügt, hinaus aus der Zelle. Ein echtes Gespräch mit Sarah. Vielleicht nur ein Gottesdienst-Besuch. Der Feind schläft nicht, er schickt Menschen und Umstände! (hämisches Kichern) Ein einziger Schritt aus dem Spiegelkabinett ihrer Selbstliebe hätte reichen können.
Und Jan?
Oh, süßer, dummer Jan... Eine gelöschte App hätte reichen können. Ein ausgeschaltetes Handy. Ein Moment echter Stille, in der er IHN hätte hören können. Denn der Feind hat gerufen. Er ruft immer. Er hat sich die Fingerknöchel wundgeklopft, um Jan zu wecken.
Aber sie hören nicht.
Sie KĂ–NNEN es nicht.
Denn sehen Sie - und jetzt kommt das wirklich Geniale an meinem... nennen wir es "Geschäftsmodell": Ich muss gar nichts tun. Keine Gewalt. Keine Drohungen. Keine plumpe Annäherung.
Ich muss nur da sein. Blank poliert. Einladend.
Und warten.
Sie kommen von ganz allein. Greifen nach mir. Setzen sich mir aus. Erliegen mir. Und machen sich selbst zu Göttern ihrer kleinen Welten.
Ich muss nur da sein.
Wissen Sie, was mein Lieblingswort ist?
"Ich."
Dieses winzige Wort. So klein. So mächtig. So... tödlich.
"ICH bin der Beste."
"ICH habe es verdient."
"ICH bin authentisch."
"ICH. ICH. ICH."
Mit jedem "Ich" mauern sie einen weiteren Stein in die Wände ihrer selbstgebauten Zellen. Mit jedem "Ich" wird ihr Herz enger. Mit jedem "Ich" entfernen sie sich einen Schritt weiter von... (gedehnt, genüsslich) nun, Sie wissen schon von wem.
Das Beste daran?
Sie merken es nicht einmal. Sie denken, sie seien frei. Erfolgreich. Authentisch. Ganz sie selbst. Während sie in Wahrheit nur eines sind:
Verloren.
Denn in einem haben sie recht: Sie sind ganz sie selbst.
PAUSE
(leise, fast zärtlich) Soll ich Ihnen jetzt noch ein letztes Geheimnis verraten?
Ich bin nicht der große Verführer, für den Sie mich vielleicht halten. Klar, manchmal ist Verführung notwendig und ich beherrsche diese Kunst in Perfektion. Denken Sie nur an mein Meisterstück, damals unter dem Baum. Ich war da, sie kam… und der Rest ist, wie man sagt, Geschichte (hämisches Lachen).
Doch meistens bin ich nur... ein Spiegel. Ein simpler Spiegel fĂĽr die dunkelste aller menschlichen SĂĽnden: Die Selbstvergottung.
Jedes Mal, wenn eine Hand nach mir greift, sehe ich es in ihren Augen: Diesen Hunger. Diese... Bereitschaft. Sie WOLLEN sich selbst anbeten. Sie SEHNEN sich danach, ihr eigener Gott zu sein.
Ich? (amüsiertes Lachen) Ich halte ihnen nur den Spiegel hin. Ich bestärke sie nur in dem, was sie ohnehin schon sind. Ich...
Oh.
(plötzlich sehr leise) Psst… jetzt gerade, während Sie diese Zeilen lesen, greift wieder jemand nach mir.
Nach dem Zylinder. Nach Erfolg. Nach Macht. Nach seinem EIGENEN Königreich.
Nach der Herrschaft über ein Leben, in dem für… na ja, Sie wissen schon, wen ich meine, kein Platz ist.
Nur noch ICH und MEIN und MEINS. Nur noch Selbstsucht, Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung… diese köstliche, alles verzehrende Selbstliebe.
(Lachend) Ich liebe sie, diese Menschen!
(Pause)
(Herablassend, siegessicher) Und weiĂźt du, was das Faszinierendste ist?
(Pause)
Du hast meine Geschichte gelesen. Du kennst jetzt mein Geheimnis. Du weisst, was der Zylinder tatsächlich ist. Dieser kleine, harmlose, glänzende, verlockende Zylinder…
Und trotzdem...
...wirst auch du nach mir greifen.
Früher oder später.
Alle tun es.
Ich warte…
So, das war die Geschichte vom Spiel des Lebens.
Während ich die letzten Zeilen tippe, sehe ich eine neue Email auf meinem Handy aufploppen. Es ist ein Marketing-Newsletter, den ich einmal in der Woche bekomme. Als ich die Überschrift lese, dachte ich, ich bin im Film. Hier ist sie:
Auf Deutsch:
Ihr wichtigster Marketingkanal sind die Egos der Menschen 🍌.
Menschen lieben es, zu prahlen.
Vor allem, wenn sie dadurch klug und geschickt aussehen oder zu einer exklusiven Gruppe gehören.
Ich möchte Tom nichts unterstellen und ich lese seinen Newsletter im Regelfall sehr gerne, doch in diesem speziellen Fall habe ich das Gefühl, “der Zylinder” wiehert im Hintergrund sein hämisches Lachen.
Und was soll mir das Bananen-Emoji sagen?
Hab’ ein gesegnetes Wochenende
Jörg “lass dich von seinem Brüllen nicht beeindrucken → er ist besiegt“ Peters