🔴 Schwere Herzen

Geschichte

Tim stochert in seinen Kartoffeln herum. Die Gabel kratzt über den Teller, während er den Blick gesenkt hält. Auf dem Küchenschrank liegt der Stapel Übungshefte, die sein Vater gestern mitgebracht hatte.

"Papa?", fragt er leise. Dr. Becker legt seine Zeitschrift beiseite. "Hmm?"

"Herr Thaler hat heute von König David erzählt, der mal etwas Schlimmes gemacht hat."

"Nun ja, die historischen Überlieferungen berichten in der Tat von diversen moralischen Verfehlungen des Königs...", beginnt Dr. Becker.

"Aber weißt du was?", unterbricht Tim seinen Vater. Seine Augen werden groß. "Gott hatte ihn trotzdem lieb! Herr Thaler sagt, das ist wie bei uns - auch wenn wir was Falsches machen..." Seine Stimme wird leiser. "Gott hat uns trotzdem lieb."

Dr. Becker runzelt die Stirn. "Tim, du weißt doch, wie wichtig der Test morgen ist. Konzentrier dich aufs Essen, damit wir noch üben können." Er deutet auf die Hefte. "Die Aufgaben sind ähnlich wie die, die wir schon durchgenommen haben."

Als Dr. Becker drei Wochen später durch den Grundschulflügel eilt, hält er den Brief vom Schulpsychologen in der Hand. "Überdurchschnittliche Ergebnisse in den schriftlichen Aufgaben", schrieb er, "aber irritierende Abweichungen bei den mündlichen Problemlösungen." Die Tür zu Tims Klassenzimmer steht einen Spalt offen.

"Und was meint ihr - wie hat sich David gefühlt?", hört er Tobias Thaler fragen. "Als würde sein Herz ganz schwer sein!", ruft ein Kind. "Wie bei mir, wenn ich was Doofes gemacht hab!", ein anderes.

Leise bleibt er stehen.

"Genau," hört er Tobias sagen. "David war König und mächtig. Aber das Tollste an ihm war, dass er ehrlich war. Wenn er einen Fehler gemacht hat, ist er zu Gott gegangen und hat gesagt: 'Tut mir leid.' Er hat nicht so getan, als wäre nichts passiert."

“Das ist wie bei meinem Bruder - der hat mal Saft verschüttet und es nicht gesagt. Dann gab’s überall Ameisen!” Die ganze Klasse lacht. “Meine Mutter hat gesagt, er hätte ihr was sagen sollen!”

"Stimmt!", sagt Tobias. "David spürte: Gott sieht alles. Er weiß, was ich getan habe. Aber er wartet, dass ich zu ihm komme." Seine Augen schweifen durch die Klasse.

Eine kleine Stimme - ist das Tim? - fragt: “Auch wenn man bei einer Prüfung nicht ehrlich war?”

"Wisst ihr", sagt Tobias und seine Stimme wird warm, "Gott freut sich über jeden, der zu ihm kommt. Da ist es egal, ob man einen Fehler gemacht hat oder ein ganzes Volk regiert wie David. Hauptsache, man kommt mit ehrlichem Herzen."

Dr. Becker zögert. Als Wissenschaftler sträubt sich alles in ihm gegen diese Vereinfachung - und doch hatte er seinen Sohn seit Wochen nicht mehr so offen reden hören. Die Worte des Schulpsychologen fallen ihm wieder ein. "Ihr Sohn steht unter enormem Leistungsdruck..." Er klopft leise und tritt ein.

“Ah, Herr Dr. Becker!” Freundlich nickt Tobias ihm zu. “Wollen Sie Tim abholen?”

“Äh, ja, das will ich tatsächlich.” Irritiert sieht Dr. Becker ihn an. “Aber eine Sache muss ich loswerden: Meinen Sie nicht, dass Sie komplexe theologische Zusammenhänge zu sehr verniedlichen? Ich meine, die David-Bathseba-Perikope erfordert eine sorgfältige textkritische Analyse. Man muss die historischen Kontexte berücksichtigen, die hebräischen Originaltexte konsultieren...”

Tobias neigt den Kopf. "Verstehen Sie mit Ihrer wissenschaftlichen Methode denn, was diese Geschichte einem Kind wie Tim sagen will?"

"Herr Thaler..." Dr. Becker dämpft seine Stimme, als er Tims zusammengezogene Schultern bemerkt. "Die wissenschaftliche Methode hilft uns, die Texte in ihrer ganzen Tiefe zu erfassen. Das... das ist doch wichtig!"

Tobias nickt nachdenklich. "Die Tiefe ist wichtig", sagt er leise, "aber manchmal spricht die Geschichte direkt zum Herzen. Besonders zu einem Kinderherzen."

Dr. Becker öffnet den Mund - und schließt ihn wieder. Sein Blick wandert zu Tim, der mit gesenktem Kopf seinen Ranzen umklammert hält, die Schultern so hochgezogen, als wolle er sich unsichtbar machen.

"Komm, Tim", seine Stimme stockt, "wir... wir müssen los."

Während sie den Flur entlanggehen, spürt er, wie sein Sohn zögernd nach seiner Hand greift.

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Hab’ einen gesegneten Tag
Jörg “auf das Herz kommt es an“ Peters