🔴 Richtige Antwort auf falsche Frage

Nicht große theologische Antworten heilen Zweifel, sondern kleine menschliche Begegnungen

Geschichte

Sven knallt sein Smartphone auf den Cafétisch. “Ich kann es nicht mehr sehen!”

Seine Finger umklammern die heiße Teetasse, als müsste er sich daran festhalten. Durch das beschlagene Fenster des Cafés sieht er auf die graue Märzstraße. "All diese Kriege, diese Gewalt. Überall Bilder von Zerstörung und Hass..."

Jonah sitzt ihm gegenüber und schweigt. Er kennt seinen Freund seit der Schulzeit und weiß, dass Sven diese Momente braucht - auch dieser harte Knochen hat einen weichen Kern und manchmal muss er seinen Frust rauslassen.

"Du gehst jeden Sonntag in die Kirche," fährt Sven fort, seine Stimme jetzt leiser, aber schneidend. "Du betest. Du glaubst an diesen... diesen liebenden Gott. Wie machst du das? Wie kannst du das mit all dem vereinbaren?"

Jonah nimmt einen Schluck aus seiner Tasse. Seine Hände zittern leicht. "Denkst du, ich stelle mir diese Fragen nicht auch?"

"Aber du hast eine Antwort, oder?" Sven starrt ihn an.

"Nein," sagt Jonah schlicht. "Keine, die dir gefallen würde. Manchmal... manchmal weine ich einfach nur."

Sven lehnt sich überrascht zurück. Das hatte er nicht erwartet. "Aber du glaubst trotzdem weiter?"

„Gerade deswegen”, sagt Jonah. „Weil ich keinen Gott will, der mir alles logisch erklärt. Der das Leid der Welt in eine mathematische Formel packt. Ich glaube an einen Gott, der mit uns weint. Der uns die Freiheit lässt zu handeln - oder es zu lassen.”

Sven reibt sich die Schläfen. “Ich brauche frische Luft”, sagt er schließlich. “Mir wird das alles zu eng hier drin.”

Der kalte Wind treibt ihnen Regentropfen ins Gesicht. Sven hat die Hände tief in den Taschen, sein Blick ist starr auf den Boden gerichtet. Schweigend gehen die beiden Richtung Marktplatz, jeder in seine Gedanken versunken.

Unter dem Vordach einer Bushaltestelle hat sich ein Mann auf einer Bank zusammengekauert, eingehüllt in einen abgetragenen Mantel. Gerade öffnet er seine Thermoskanne zum Trinken, als Sven ihn im Vorbeigehen streift und der heiße Kaffee sich über den Boden ergießt.

"Hey!" Der Mann springt auf, seine Hände um die leere Thermoskanne geklammert. "Das war..." Seine Stimme bricht. "Das war mein letzter Kaffee."

Sven schaut kurz auf und will weitergehen, aber Jonah hält ihn am Arm fest. Erst jetzt sehen sie den Mann richtig: eingefallene Wangen, müde Augen. Einer von denen, die nachts draußen schlafen.

"Das war keine Absicht", sagt Jonah. "Wissen Sie was? Da vorne ist ein Café. Lassen Sie uns reingehen und einen heißen Kaffee trinken. Geht auf uns."

Wenige Minuten später sitzen sie zu dritt im Warmen. Der Mann - Michael, wie er sich vorstellt - umklammert seine Tasse, als wenn sein Leben davon abhinge. Zunächst ist er schweigsam, doch als Sven noch einmal von den Kriegsbildern erzählt, die ihn aufwühlen, verdunkelt sich Michaels Blick. Er nickt kaum merklich. Seine eigene Geschichte kommt stockend: Afghanistan-Einsatz, PTBS, zerbrochene Ehe.

"Wenn es einen Gott gibt, hat er mich vergessen", sagt er leise.

Sven starrt in seine Tasse. Die Worte treffen ihn unerwartet hart.

"Vielleicht", sagt Jonah und dreht seine Tasse in den Händen, "zeigt sich Gott anders als wir denken. Nicht in großen Erklärungen. Sondern in kleinen Momenten. In einer verschütteten Thermoskanne Kaffee. In Menschen, die stehen bleiben, wenn andere weitergehen."

Michael lächelt zum ersten Mal. "Könnte sein. Aber warum macht er es so kompliziert?"

"Das frage ich auch immer", wirft Sven ein, überrascht von sich selbst.

"Weil er keine Marionetten will", sagt Jonah. "Sondern Menschen, die stehen bleiben. Die lieben wollen. Trotz allem."

Auf dem Heimweg später gehen sie wieder schweigend nebeneinander. Der Regen hat aufgehört.

"Weißt du", sagt Sven schließlich, "ich verstehe es immer noch nicht. Das mit Gott und dem Leid. Aber..."

"Aber?"

"Die Sache mit Michael und der Thermoskanne. Das war... anders. Echter. Nicht wie deine üblichen frommen Antworten."

Jonah lacht. "Fromme Sprüche sind einfach. Leben ist komplizierter. Glaube auch."

"Und was ist mit den Kriegen? Mit all dem Leid?"

"Die Frage bleibt," gibt Jonah zu und bleibt stehen. Im diffusen Licht der Straßenlaterne sucht sein Blick den seines Freundes. "Aber vielleicht ist das nicht die wichtigste Frage. Vielleicht ist es diese: Was machen wir damit? Wie gehen wir mit Krieg und Leid um? Gehen wir vorüber? Oder bleiben wir stehen?"

Jonah sieht seinen Freund herausfordernd an: “Und tragen wir mit?”

Sven nickt langsam.

Seine Hand gleitet in die Jackentasche, tastet nach dem Smartphone. Er denkt an Michael und dessen leere Thermoskanne. An all die Male, die er Menschen wie ihn übersehen hatte, weil er zu beschäftigt war mit der Frage nach dem Warum.

"Weißt du", sagt er schließlich, "ich habe die ganze Zeit die falsche Frage gestellt."

Jonah wartet.

"Es geht nicht darum, warum Gott das zulässt."

Sven zieht sein Smartphone hervor und betrachtet einen Moment lang das Spiegelbild seines Gesichts im schwarzen Display.

"Sondern warum wir es tun."

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Hab’ einen gesegneten Tag
Jörg “wer nicht fragt, bleibt dumm“ Peters