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đąPerspektivwechsel
Von der Kunst, die richtigen Fragen falsch zu beantworten
Andacht
Hamburg, 09.04.2025, 19.17 Uhr
Wieder sitze ich hier, starre auf meine Bucket List. Yogalehrer werden - check. Weltreise - check. Traumjob, schickes Auto, das perfekte Apartment - alles erreicht.
Und jetzt?
Das GefĂŒhl der Leere bleibt. Vielleicht ein Sabbatical? Ein Neustart in einer anderen Stadt? Mehr Meditation?
Ich öffne die fĂŒnfte Lifestyle-App des Tages, suche nach dem nĂ€chsten Kick, dem nĂ€chsten Ziel. Mein Leben gleicht einer perfekt choreografierten Show.
Und doch... je mehr ich nach ErfĂŒllung suche, desto weiter scheint sie sich zu entfernen.
Milano, 09.04.1525, 19.17 Uhr
Wieder sitze ich hier, starre durch mein Teleskop.
Der Mars macht mich wahnsinnig. Eben bewegte er sich noch nach Osten, jetzt lĂ€uft er rĂŒckwĂ€rts? Das ist unmöglich!
Ich zeichne weitere Kreise, konstruiere kompliziertere Bahnen. In der Mitte die Erde, darum dreht sich alles, dann der Mond, Merkur, Venus, die Sonne, Mars, Jupiter und Saturn. So hat man es uns immer gelehrt. Ich reibe mir die mĂŒden Augen.
Je mehr ich rechne und zeichne, desto verwirrender wird alles.
Irgendetwas... irgendetwas muss falsch sein.
1543 wagte Nikolaus Kopernikus einen revolutionĂ€ren Gedanken: Was, wenn nicht die Erde, sondern die Sonne im Mittelpunkt steht? Mit dieser einfachen Ănderung wurden die verwirrenden Planetenbewegungen plötzlich klar.
Und der Mars? Er lĂ€uft gar nicht rĂŒckwĂ€rts - es war nur die Perspektive, die tĂ€uschte.
Heute haben wir eine âGeschandachtâ. Oder eine âAndaschichteâ.
Wie auch immer. Gestern habe ich von Hemingways Eisberg-Theorie gelesen. Sie besagt, dass ein guter Text wie ein Eisberg funktioniert: Nur etwa ein Achtel ist sichtbar ĂŒber der WasseroberflĂ€che, wĂ€hrend der GroĂteil - die tiefere Bedeutung, HintergrĂŒnde und ZusammenhĂ€nge - unter der OberflĂ€che liegt.
Der Autor sollte diese tieferen Ebenen kennen, muss sie aber nicht explizit beschreiben. Stattdessen deutet er sie nur an und lÀsst den Leser selbst die Verbindungen herstellen. Oder - wie in diesem Fall - die entscheidende Wahrheit erkennen.
Hat das funktioniert?
Schreib mir kurz (es öffnet sich ein kleines Formular), wie dir dieser Stil gefÀllt.
Habâ einen gesegneten Tag
Jörg âbei Eisberg muss ich immer an Titanic denken đ±â Peters