🔴 Die fabelhafte Welt des Peter

Was passiert, wenn Gott deine To-Do-Liste löscht?

Sei gesegnet, du Kind Gottes. Du liest das Jesusjournal, den Newsletter, der dich einlädt, einen Moment innezuhalten und zu überlegen: Wann hast du zuletzt zugelassen, dass Gott deine Pläne durcheinanderbringt? Wie schnell vergessen wir, dass Er es ist, der das Gute bereitet, das wir tun sollen.

In der heutigen Ausgabe:

  • Geschichte: Der digitale Hirte

Geschichte

Der digitale Hirte

"Perfekt", murmelt Peter und justiert ein letztes Mal die Beleuchtung in seinem Arbeitszimmer.

Das warme Licht taucht das Bücherregal hinter ihm in einen goldenen Schein. "Die 7 Säulen der christlichen Familie" prangt in großen Lettern auf einem der Buchrücken - sein zweiter Bestseller.

Die rote Lampe seiner Kamera blinkt. Peter setzt sein eingeübtes Instagram-Lächeln auf - warm, einladend, makellos.

"Willkommen zu 'Glaube und Familie' - heute spreche ich über die fünf Grundpfeiler der digitalen Familienandacht." Seine Hand streicht über den laminierten Tagesplan auf seinem Schreibtisch. "Wie ihr erfolgreich..."

Ein Poltern aus Richtung Hausflur unterbricht ihn.

Peters Lächeln zuckt kurz. Er wirft einen Blick auf seine Apple Watch. 15:45 Uhr. Lisa sollte jetzt Hausaufgaben machen, Tim hat Klavierunterricht, und Sarah ist bei ihrer Mutter im Altenheim.

Das Geräusch irritiert ihn.

Er räuspert sich und zupft an seiner Krawatte. "Entschuldigt den Schnitt, Ihr Lieben." Seine Stimme wird samtig. "Aber wie ich immer sage: Der Weg zu Gott führt durch..."

Kinderlachen dringt durch die Wand. Um diese Uhrzeit?

"...durch Struktur und..."

Wieder Lachen. Dann ein Scheppern.

Peter schließt kurz die Augen. Seine Follower erwarten ein perfektes Video. Perfekte Familie. Perfekter Glaube.

Er drückt auf “PAUSE” und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Vielleicht sollte er die Aufnahme einfach noch einmal von vorne...

Die Türklingel reißt ihn aus seinen Gedanken. Dreimal kurz, einmal lang - der alte Klingelcode aus ihrer Kindheit. Peters Magen zieht sich zusammen. Das ist unmöglich.

Kurz zögert er, dann steht er auf. Die Haustür ist schon offen und im Flur steht sein Bruder Stefan, eine abgewetzte Gitarre über der Schulter, grinsend, aber mit müden Augen. “Überraschung, kleiner Bruder!”

Lisa hüpft aufgeregt neben ihm herum. "Papa! Onkel Stefan ist da!"

Tim steht strahlend neben ihm und hat einen Fußball in der Hand. "Guck mal, was Onkel Stefan mir mitgebracht hat!"

Stefan streicht ihm über den Kopf, die Gitarre stößt gegen die Garderobe. Das erklärt das Poltern von vorhin.

"Stefan." Peter spürt, wie sein Zeitplan sich in Luft auflöst. "Was machst du hier?"

Stefan grinst. "Influencer also. Hätte nie gedacht, dass aus meinem kleinen Bruder mal ein digitaler Hirte wird."

Peter starrt auf seine Watch: 15:51 Uhr. Donnerstag. Lisa sollte in der Nachmittagsbetreuung sein. Tim beim Klavierunterricht. Wie haben sie es geschafft, einfach...?

"Die Nachmittagsbetreuung ist ausgefallen", ruft Lisa, als könnte sie seine Gedanken lesen. "Und Frau Weber ist krank", ergänzt Tim strahlend, den Fußball unter dem Arm.

"Ich..." Peter tippt nervös auf seine Watch. "Ich bin mitten in einer Aufnahme."

"Ach so." Stefan kratzt sich am Kopf. "Dann komme ich später wieder. Oder morgen. Oder..." Er zögert. "Ich brauche einen Platz zum Schlafen, Pete. Nur für ein paar Tage."

Peter mustert seinen Bruder: Die zerknitterte Jeans, das ungebügelte Hemd, die zerzausten Haare - ein wandelndes Chaos. Direkt neben Stefan an der Wand hängt der Familienkalender. 'Struktur schafft Segen' steht dort in Peters akkurater Handschrift.

Peters Gedanken überschlagen sich. "Warte hier", sagt er schließlich. "Ich muss das kurz..." Er deutet auf sein Arbeitszimmer.

"Klar, mach nur." Stefan lässt sich auf die Holzbank im Flur sinken. "Ich lauf nicht weg." Er zwinkert den Kindern zu. "Hab ja noch was gut zu machen bei meinem Lieblingspublikum."

Peter geht in sein Arbeitszimmer und schließt die Tür. Sein Bildschirm zeigt noch immer das pausierte Video. "Der Weg zu Gott führt durch..."

Sein Blick fällt auf das Whiteboard neben seinem Schreibtisch. Der Rest der Woche ist genau geplant: Morgen Podcast-Aufnahme, übermorgen Seminar über "Digitale Jüngerschaft", Samstag sein Workshop "Halt und Hoffnung".

Müde lässt er sich in seinen Bürostuhl sinken, stützt die Ellbogen auf den Schreibtisch und vergräbt das Gesicht in den Händen. Langsam atmet er aus.

Dann greift er zum Handy. "Sarah", murmelt er. "Sie wird vernünftig sein, wird verstehen, dass wir jetzt keine ungeplanten..."

Er sucht nach ihrer Nummer, da hört er Tims lautes Lachen. Dann Stefans Gitarre, die ersten Akkorde von "Der Herr ist mein Hirte" - das Lied, das Mama ihnen früher vorgesungen hat. Kurz muss er an sie denken, ihre Stimme und ihr warmes Lächeln.

Peters Hand mit dem Handy sinkt auf den Schreibtisch. Er starrt auf sein Spiegelbild im schwarzen Bildschirm: perfekt frisiert, perfekte Krawatte, perfekte Fassade. Ein digitaler Hirte mit namenlosen Schafen.

"Herr", flüstert er und seine Stimme zittert leicht, "das passt nicht in meinen Plan."

Die Gitarre vor der Tür spielt weiter.

Stefan streicht über die Saiten, sein Blick verliert sich irgendwo zwischen den Bildern an der Flurwand. "Der Herr ist mein Hirte", singt er mit sanfter Stimme.

Die Tür des Arbeitszimmers fliegt auf. Lisa und Tim zucken zusammen, aber Stefan spielt unbeeindruckt weiter.

"Okay", sagt Peter. Seine Stimme klingt rau. "Du kannst ein paar Tage bleiben. Aber wir brauchen Regeln."

Stefan nickt, während seine Finger weiter über die Saiten gleiten.

"Erstens: Die Kinder haben einen strukturierten Tagesablauf. Den werden wir..." Peter verstummt. Tim hat sich an Stefans Schulter gelehnt und summt leise die Melodie mit. Lisa sitzt im Schneidersitz auf dem Boden, ihre Hausaufgaben vergessen.

"Zweitens", setzt Peter an, aber Stefan unterbricht ihn sanft: "Erinnerst du dich noch an den Text?"

"Mir wird nichts mangeln", singt Tim.

"Er weidet mich auf einer grünen Aue", fügt Lisa hinzu.

Peter starrt auf seine Apple Watch. 15:53 Uhr. Zeit für die Hausaufgaben. Zeit für Klavierunterricht. Zeit für...

"Und führet mich zum frischen Wasser", murmelt Peter. Die Worte kommen wie von selbst, als hätten sie nur darauf gewartet.

Drei Monate später.

Der warme Sommerregen kommt wie aus heiterem Himmel. Peter sitzt auf der Terrasse, sein Laptop auf den Knien. "Manchmal durchkreuzt Gott unsere Pläne, um seinen Plan zu verwirklichen", steht in der Titelzeile seines neuen Blogposts.

Stefan und die Kinder sind noch im Garten, als die ersten Tropfen fallen. Tim johlt vor Freude. Lisa kreischt und ruft: “Mama, Papa, kommt!”

Sarah lacht, stellt ihre Kaffeetasse ab und läuft in den Regen hinaus. Peters Hand greift automatisch nach seinem Handy. Der perfekte Moment für sein neues Format "Gott im Alltag".

“Papa”, ruft Tim, “komm schon!”

Peter zögert. Vor drei Monaten hätte er...

Aber das war vor Stefan. Vor den ungeplanten Momenten. Vor den chaotischen Familienandachten auf der Holzbank. Vor dem Abend, als sie Tims Klavierstunde ausfallen ließen und stattdessen alle zusammen das erste Mal "Der Herr ist mein Hirte" sangen.

"Heute kein Tutorial", murmelt er und legt das Handy weg.

Die Kamera filmt seinen leeren Stuhl, während er zu seiner Familie läuft. Sarah zieht ihn in ihre Mitte, Tim und Lisa hüpfen um sie herum. Stefan steht grinsend da, die Gitarre wie ein Schild über dem Kopf, dann nimmt er sie herunter und stimmt "Gut, dass wir einander haben" an. Sie tanzen im warmen Sommerregen, ihre Stimmen vermischen sich mit dem Prasseln der Tropfen.

Perfekt ungeplant.

In dieser Geschichte versteckt sich ein Satz, der alles auf den Punkt bringt. Er gibt den Gedanken wieder, der zum Schreiben dieser Geschichte geführt hat.

Findest du ihn?

Wenn du glaubst, den Schlüsselsatz entdeckt zu haben, schreib ihn mir oder schick ihn als Antwort auf diese E-Mail. Ich bin gespannt, ob du die “Idee” findest, die ich beim Schreiben im Kopf hatte.

Hab’ einen gesegneten Tag
Jörg “weiter im Plan…“ Peters